CDU Remseck am Neckar

Haushaltsrede 2024

Haushaltsrede der CDU-Fraktion: 

Die strukturellen Probleme verschärfen sich

Fraktionsvorsitzender Steffen Kirsch bei der HaushaltsredeFraktionsvorsitzender Steffen Kirsch bei der Haushaltsrede

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrter Herr Erster Bürgermeister, sehr geehrte Frau Bürgermeisterin, Meine sehr geehrten Damen und Herren,

Ich möchte beginnen mit einem Dank an das Team der Kämmerei und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung. Bei der Haushaltsrede zum Ende der Wahlperiode darf man auch zurückblicken auf die vergangenen fünf Jahre.

Wir starteten mit vergleichsweise angenehmen Themen, die Wahl 2019 stand unter dem Eindruck der Klimafrage - Von Klimaschutz bis zur Bienenblühwiese, zudem fand die Remstalgartenschau statt. Sie hat auch vor Augen geführt, dass wir ein tolles ehrenamtliches Engagement haben, Vereine, Freiwillige Feuerwehr.

Vergleichsweise angenehme Themen, denn danach schlug Corona zu, dann bedingt durch den russischen Angriffskrieg eine Energiekrise. Das Thema Migration und seine Auswirkungen auf uns war nie weg, nur medial unterschiedlich präsent.

Was ich ausdrücklich loben möchte: Wir haben als Gemeinderat immer Gemeinsamkeiten gefunden und strukturiert zusammengearbeitet. Suchet der Stadt Bestes, wie das häufig strapazierte Bibelwort (Jeremias 29,7) lautet.

Den Bürgerentscheid zur Westrandbrücke möchte ich allerdings auch erwähnen, schon allein, um nicht den Eindruck zu vermitteln, dass alles in zu großer Einigkeit und Harmonie in viribus unitis geschieht.

 

Betrachten wir den Haushalt:

Erträge -9.1 Mio € ; Zahlungsmittelbedarf von 5 Mio.

Die Verschuldung pro Einwohner steigt wieder auf Werte der frühen 90er Jahre. Zins und Tilgung sind trotzdem im Vergleich mit damals recht günstig. Für dieses Haushaltsjahr und die mittelfristige Finanzplanung ist das insoweit in Ordnung.

Wenn ich mir aber die künftigen Aufgaben anschaue, die wir noch nicht etatisiert haben:

· Zukunft Neue Mitte

· Westrandbrücke

· Stadtbahn

· Ersatzbauwerke für die Hallen in Hochberg und Aldingen

· Sanierung LMG

· Unsere Sanierungsliste

Muss man darauf hinweisen, dass wir bei der Verschuldung langsam am Ende des gesund Vertretbaren ankommen. Und Schulden sind immer die Steuern von morgen.

Und strukturell wird es nicht besser.

Wir sehen Schwierigkeiten auf der Einnahmenseite wie auch auf der Ausgabeseite.

1. Wir hängen stark ab von der Entwicklung des Gemeindeanteils der Einkommensteuer. Wenn die wirtschaftliche Entwicklung hier zu einem Weniger an gut bezahlten Stellen führt, hat das massive Auswirkungen.

2. Angesichts der nachhaltigen Wachstumsschwäche Made in Germany werden die Haushalte von Bund und Land stärker unter Druck geraten. Das merken wir dann auch bei den Zuschüssen.

3. Unsere Haushaltsplanung beruht einnahmeseitig auch auf Erlösen aus Grundstücksverkäufen. Hier trifft uns der Einbruch im Neubau auf Grund der hohen Kosten voll, weil Abschlüsse nicht stattfinden oder nachverhandelt werden muss.

In den guten Jahren haben wir die Verwaltung immer wieder ermutigen müssen, tatsächlich Marktpreise bei der Veräußerung von Flächen abzurufen. Wir hoffen, dass wir bald wieder zu dieser Diskussion zurückkommen können.

In der Gesamtschau ist klar, wir müssen einnahmeseitig wie ausgabeseitig handeln. Dazu gehören die Entgelte für Leistungen, siehe §78 GemO. Wir sind auch dafür, bezüglich der Kitas in Zukunft wieder auf der Basis des Landesrichtsatzes statt ausgehend von Phantasiemischwerten zu diskutieren.

Bei der Grundsteuerreform ist für uns auch klar, dass sie nicht mit einer verdeckten Steuererhöhung kombiniert werden sollte. Und wir erwarten mehr Output von der kommunalen Wirtschaftsförderung.

 

Betrachten wir die Ausgabenseite.

4. Die hohen Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst sind keine Einzelfälle geblieben. Die Rahmenbedingungen, die dazu geführt haben, bleiben die gleichen.

5. Die Aufgaben, die die Stadt kraft gesetzlicher Regelungen hat, sind enorm, vom Rechtsanspruch auf Ganztag über die Flüchtlingsunterbringung bis zum Thema Klimaschutz. Tendenz steigend.

6. In schlechteren Zeiten steigen unsere Umlagebelastungen, da der Landkreis Träger der Sozialhilfe ist.

Wir haben in den letzten Sitzungen immer wieder Projekte gestoppt, weil wir die Zweck-Mittel-Relation nicht mehr gegeben sahen. Oft zur geringen Freude der Verwaltung. Man könnte jetzt sagen: wenn zwei von drei AUT-Sitzungen Streichungen von je 400.000 Euro ergeben, sind wir bei 55 AUT-Sitzungen in der Periode bei einer Ergebnisverbesserung von 14,8 Millionen, was etwas mehr als die Ausgabensteigerung beim Schulcampus Aldingen wäre.

Allerdings haben wir oft genug Mindereinnahmen und Ausgabensteigerungen erlebt, die das etwas ambitionierte Ziel der Haushaltskonsolidierung via Ausschuss konterkarieren.

Klar ist aber auch, dass wir wichtige Zukunftsaufgaben haben.

Ich nenne als Stichworte Klimaschutz, Stadtentwicklung, Digitalisierung, Mobilität, und Kinderbetreuung.

Klimaschutz

Zu dem Beschluss, 2040 klimaneutral anzustreben, stehen wir. Es ist dabei aus unserer Sicht vor allem eine Querschnittsaufgabe, die sich durch alle Felder zieht, am augenfälligsten durch die Stadtentwicklung, Sanierung und Mobilität. Ich nenne Energiekonzepte für Neubaugebiete, die Weiterentwicklung der Wärmeplanung und Ladesäuleninfrastruktur.

Stadtentwicklung

Wir haben jetzt ein Stadtentwicklungskonzept Remseck 2035, mit dem wir arbeiten können und wollen. Ich mache mir auch keine Sorgen, dass durch das Konzept dem nächsten Gemeinderat die Arbeit ausgehen wird.

Wir entwickeln das Gebiet Östlich Marbacher Straße und hoffen, dass es im Plan vorangeht. Dieses Gebiet schafft nicht nur Wohnraum, sondern mit Kita und Lebensmittelmarkt auch einen Mehrwert für ganz Neckarrems. Ich halte die planerische Einbettung von Einkaufsmöglichkeiten in den Neubaugebieten für die stärksten Maßnahmen, die wir zur Verfügung haben, um Nahversorgung in den Ortsteilen sicherzustellen.

Auch bin ich überzeugt: Bezahlbaren Wohnraum schaffen wir langfristig nur mit Ausweitung des Angebots.

Ähnliches Thema Wir hoffen, dass das Wohngebiet Bubelesäcker in Hochdorf kommt. Vorbehaltlich den Artenschutzgutachten.

Im Bereich Gewerbe geht es im Erlenrainweg voran.

 

Digitalisierung

Wir wollen die konsequente Verwaltungsdigitalisierung. Hier müssen wir investieren. Und gleichzeitig klarmachen, dass wir die analog operierenden Bürgerinnen und Bürger mitnehmen: keine Insellösungen, keine Leuchtturmprojekte, konsequente Digitalisierung hinter dem Schalter und Unterstützung bei Antragsstellungen etc. vor dem Schalter.

 

Mobilität

Unsere Bürger sind nicht nur mobil, sondern auch mündig. Sie wollen die für sie in ihrer Lebenssituation passenden Verkehrsmittel nutzen. Motorisierter Individualverkehr wie auch den ÖPNV. Deshalb wollen wir kein Gegeneinander, sondern ein Miteinander unterschiedlicher Mobilitätsformen. Wir haben dem Radwegekonzept zugestimmt wie auch dem Radschnellweg. Regiorad hat sich aus unserer Sicht nicht bewährt und wir glauben, dass man die Abstellflächen der E-Roller stärker regulieren muss. Die Konzeption für Küferstraße und Hauptstraße in Hochberg ist ein gutes Beispiel, wie man Probleme entzerren kann.

Wir sehen auch nach wie vor die guten Gründe für den Nord-Ost-Ring als leistungsfähige Umfahrung und stehen nach wie vor für dieses Projekt ein. Ausbaufähig und etwas weniger umstritten ist allerdings die Ladeinfrastruktur.

Bei der Stadtbahn nach Pattonville geht es erfreulicherweise weiter. Auch wenn wir über Details mit Betroffenen diskutieren. Die große Sorge bleibt, ob in Ludwigsburg doch noch die Bahn vom Gleis geschoben wird. Stadtbahnprojekte und Bürgerentscheide haben eine ganz miese Quote. Zusammengefasst geht es um ein Miteinander von Fußgängern, Radverkehr, ÖPNV und Motorisiertem Individualverkehr.

Aber, meine Damen und Herren, es gibt auch die Pläne zur Stadtbahn nach Waiblingen. Angesichts der Überlegungen zur absehbar angespannten Lage der öffentlichen Haushalte in den nächsten Jahren sage ich: Die kommunale Familie in der Region sollte sich tief in die Augen schauen und überlegen, ob wir dieses Projekt wirklich vorantreiben möchten, bevor viele Planungen und Gutachten für die Ablage produziert wurden und wir eine Menge Geld für nichts verbrennen.

 

Kinderbetreuung

Die Stadt Remseck investiert in Anzahl und Qualität bei Bildung und Betreuung, das ist richtig und wichtig. Genauso wichtig ist uns eine Vielfalt der Angebote und der Träger. Diese Vielfalt ist ein Wert an sich, und keine Flucht aus kommunaler Verantwortung. Das möchte ich deutlich betonen. Unser Problem ist aktuell weniger die bauliche Situation, sondern die personelle Lage.

Beim Schulcampus Aldingen geht es voran. Östlich Marbacher Straße wird eine neue Kita entstehen und ein neuer Watomi-Standort in Hochberg. Perspektivisch sprechen wir auch über mehr Ganztagsangebote an den Grundschulen. Es kann einem also angesichts der Vielzahl der Projekte schwindelig werden.

Personal und weiteres Vorgehen

Wir haben also zusammengefasst viele Aufgaben und eine herausfordernde Finanzsituation.

Mit Goethe gesprochen: „Wir wollen alle Tage sparen, und brauchen alle Tage mehr.“

Viele Aufgaben bedeuten aber auch einen hohen Workload, was mich zum Personal bringt.

Wir haben einen demographisch begründeten Fachkräftemangel. Das führt uns in unserem Haushalt zu einem Paradox: Wir schaffen immer mehr Stellen. Wir tun uns aber schwer, diese Stellen auch mit Personal zu füllen. Es handelt sich aber nur um ein scheinbares Paradox: Finanzmittel kann man im Rahmen des §20 GemHVO hin und herschieben, Stellen kann ich nur besetzen, wenn ich sie im Haushaltsplan habe. Aber klar ist auch: Ein zu großes Auseinanderklaffen von Plansoll und erreichbarem Ist-Zustand ist kein guter Zustand. Und eine massive Ergebnisverbesserung in Folge unbesetzter Stellen ist auch kein Erfolg.

Hier stehen wir zu unserem Kurs: Wir wollen uns auch in Zukunft notwendigen, gut begründeten Maßnahmen, auch im Personalbereich nicht verweigern. Wie wir uns auch den großen Zukunftsaufgaben dieser Stadt nicht verweigern wollen.

 

Um aber die Leistungsfähigkeit dieser Stadtverwaltung sicherzustellen, müssen wir umsteuern.

Dabei führt kein Weg vorbei an der Ausgabenkritik. Dabei geht es nicht mal um „ob“ einer Erledigung, sondern um das „wie“. Also um Standards und Teilaspekte.

Bei neuen Projekten wollen wir mehr Input über Folgekosten und entstehenden Workload, das kann der Gemeinderat nicht aus sich heraus leisten.

Wir sind als Gemeinderat zwar Hauptorgan. Ein sinnvolles und abgestimmtes Vorgehen für Sparmaßnahmen muss aber von der Verwaltung angestoßen werden. Sonst bleibt uns nur, Anträge der Verwaltung aufzuhalten. Wir freuen uns auf die Vorschläge der Verwaltung und sagen konstruktive Mitarbeit zu.

Wir stimmen dem Haushalt und den Wirtschaftsplänen zu.